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Verbände: Gigabitstrategie der Regierung ohne Ambitionen

Zum Breitbandbericht der Bundesregierung haben die Fach-Verbände eine eigene Meinung.Das Resümee der Bundes­regie­rung in Punkto Breit­band­ausbau können die Verbände nicht teilen. Sie kriti­sieren offi­ziell die Telekom, räumen aber auf Fach­kon­gressen ein, dass die alles richtig macht.

Das Bundes­minis­terium für Digi­tales und Verkehr hat in seinem Fort­schritts­bericht zur Giga­bit­stra­tegie Zwischen­bilanz gezogen und einen Ausblick gegeben. Das ruft die Verbände auf den Plan.

VATM: Wenige Licht­blicke

Der VATM ist der älteste Bran­chen­ver­band von Wett­bewer­bern der Deut­schen Telekom und geht teil­weise auf eine Verbands­grün­dung des späteren Telekom-Chefs René Ober­mann zurück.

Die Brancheverbände wollen mehr Tempo und mehr Daumenschrauben für die TelekomFoto: picture alliance / dpa VATM-Geschäfts­führer Dr. Frederic Ufer stellt in einer Press­erklä­rung fest, dass "der Fort­schritts­bericht zur Giga­bit­stra­tegie wenige Licht­blicke" zeige, aber "vor allem viel Schatten" enthalte. Der Verband begrüßt, dass die Bundes­regie­rung "einige für die Branche rele­vanten Themen" voran­getrieben habe, wie eine geplante Image­kam­pagne für Glas­faser sowie die zügige Erar­bei­tung eines Konzeptes zur Kupfer-Glas-Migra­tion gemeinsam mit der Bundes­netz­agentur.

Damit kommt Ufer zur Kritik: "Viele für die Branche zentralen Punkte sind nicht oder nur schlep­pend bear­beitet worden, entschei­dende Fragen sind nicht geklärt." Daher werde man - trotz des zweck­mäßigen Opti­mismus der Bundes­regie­rung - das Glas­faser-Ausbau­ziel 2030 nicht halten können.

Erneuter Vorwurf: Telekom verhält sich markt­miss­bräuch­lich

Ufer sieht das als Folge sich verschlech­ternder Rahmen­bedin­gungen für die Wett­bewerber, unter der die bislang sehr hohe Ausbau­dynamik der Unter­nehmen gelitten habe. Ursache seien das "markt­miss­bräuch­liche Verhalten der Deut­schen Telekom", was zu "massiven Verun­siche­rungen" geführt habe – bei Unter­nehmen, Kommunen und in der Bevöl­kerung. Dort, wo die Telekom stra­tegi­schen Über­ver­trieb und Überbau betrieben habe, sei der Ausbau viel­fach zum Erliegen gekommen, da mit dem Ausscheiden der Wett­bewerber auch die Telekom den Ausbau nicht weiter forciert habe.

Beim Thema Überbau habe die Bundes­regie­rung "klar versagt". Hinzu kämen die fehlende Digi­tali­sie­rung der Verfahren und das äußerst schlep­pend laufende TK-Netz­ausbau-"Beschleu­nigungs"-Gesetz. Der stra­tegi­sche Überbau sei zu stoppen.

BREKO: 2030 ist nicht mehr zu schaffen

Auch beim Bran­chen­ver­band BREKO ist man ähnli­cher Ansicht: „Das poli­tische Ziel eines flächen­deckenden Glas­faser­aus­baus bis 2030 ist nicht mehr erreichbar. Die BREKO Markt­ana­lyse 2024 zeigt deut­lich, dass sich der Ausbau bereits verlang­samt hat", stellt der Leiter des BREKO-Haupt­stadt­büros Sven Knapp fest. Er bemän­gelt den fehlenden Zeit­plan für die Erstel­lung eines wett­bewerbs­kon­formen Konzepts für die Kupfer-Glas­faser-Migra­tion. Konkrete Vorschläge erwartet der Verband "bis Ende des Jahres".

Beim stra­tegi­schen Glas­faser-Doppel­ausbau spiele das Minis­terium auf Zeit und schütze damit die Inter­essen der Telekom. Der Ex-Mono­polist könne seinen "stra­tegisch-destruk­tiven Glas­faser-Doppel­ausbau" fort­setzen und den flächen­deckenden Glas­faser­ausbau für ganz Deutsch­land weiter ausbremsen. Dagegen müssten umge­hend wirk­same Maßnahmen ergriffen werden. Vorschläge hierzu lägen seit vielen Monaten auf dem Tisch.

Auch für den BREKO ist das geplante Tele­kom­muni­kations-Netz­ausbau-Beschleu­nigungs-Gesetz (TK NABEG) "viel zu unam­bitio­niert".

FRK-Verband sieht die Lage realis­tisch

Zum Breitbandbericht der Bundesregierung haben die Fach-Verbände eine eigene Meinung.Image licensed by Ingram Image, Logos: Anbieter, Montage: teltarif.de Bei einer Tagung des Bran­chen­ver­bandes FRK (Fach­ver­band Rund­funk und Breit­band­kom­muni­kation) sprach VATM-Vertreter Dr. Frederic Ufer Klar­text: „Die Telekom handelt rational, sie handelt unter­neh­merisch korrekt. Sie handelt in Notwehr.“ Dr. Ufer hat richtig erkannt: "Bekannt­lich zielt der Glas­faser­ausbau direkt auf die (V)DSL-Kunden der Telekom, die von einem FTTH-Anschluss über­zeugt werden sollen. Da die Telekom aber auch in sieben Jahren noch einen Anteil an der TK-Infra­struktur von 70 Prozent halten will, kann sie die Kunden nicht kampflos der Konkur­renz über­geben." Die Antwort der Telekom laute „Homes passed“, d.h. die Glas­faser liegt in der Nähe des Hauses, ist aber noch nicht ins Haus hinein gelegt und auch nicht nutzbar.

„Homes passed“ und Rosi­nen­picken

Auch auf dem FRK-Kongress wurden die Vorwürfe präzi­siert: Die Telekom baue viele „Homes passed“ ohne die Absicht, daraus „Homes connected“ zu machen. Das nennt Ufer „klas­sisches Hand­tuch­werfen“. Es gehe nur darum, Wett­bewerber davon abzu­halten, dort auszu­bauen, wo die Telekom bereits ihre Glas­faser in den Straßen liegen hat. Dadurch würde die poli­tische Vorgabe, Deutsch­land bis 2030 flächen­deckend mit Glas­faser zu versorgen, in weite Ferne rücken. „Die Telekom kann das hervor­ragend aushalten, weil sie ja ein funk­tio­nie­rendes Netz hat“, erklärte Ufer auf dem Breit­band­kon­gress.

Vorwurf Nummer zwei: Die Telekom suche sich die attrak­tivsten Gebiete aus und baut dort „Homes passed“. Durch dieses Rosi­nen­picken (engl. "Cherry-Picking") gerieten alter­native Wett­bewerber unter Druck, wenn sich ohne diese Gebiete das Geschäfts­modell ("Busi­ness Case") nicht mehr rechnet.

Wolf­gang Heer, Geschäfts­führer des Bundes­ver­bands Glas­faser­anschluss (BUGLAS) brachte es auf den Punkt: (Alter­native) Netz­betreiber würden vor die Wahl gestellt, entweder mit den Bonnern zu koope­rieren oder von ihnen über­baut zu werden.

Eine Einschät­zung (von Henning Gajek)

Die Kritik am Entwurf des TK-NABEG, welches den Netz­ausbau beschleu­nigen soll, ist nach­voll­ziehbar. Sende­sta­tionen für Mobil­funk genießen inzwi­schen abso­lute Prio­rität, auch in Natur­schutz­gebieten, die Bauun­ter­nehmer sonst nicht anrühren dürfen. Glas­faser­lei­tungen für Grund­stücke sollten sich auch in Natur­schutz­gebieten umwelt­ver­träg­lich verlegen lassen und Prio­rität bekommen.

Ich weiß nicht, ob Vertreter von VATM, BREKO etc. beim Kapi­tal­markttag der Telekom genau zuge­hört haben: Telekom-Chef Höttges hat dort glas­klar kommu­niziert, dass die Telekom keinen Verlust von Markt­anteilen hinnehmen wird und immer die Nummer eins bleiben will. Und Höttges hat auch klar formu­liert, was er von seinen Konkur­renten im Glas­faser­ausbau haben möchte: "Dunkle" (unbe­leuch­tete), also bereits verlegte Glas­faser. Das wird den Wett­bewer­bern nicht gefallen, ist aber eine glas­klare Ansage.

Die Hoff­nung auf eine staat­liche Ausbau­regu­lie­rung ist mit dieser und auch einer spätes­tens nächstes Jahr neu gewählten Regie­rung kaum zu machen, weil das auf (sozia­lis­tische) Plan­wirt­schaft hinaus liefe. Und was wäre, wenn Unter­nehmen X ein Gebiet zuge­wiesen bekommt, dort aber das Ausbau­ziel wegen fehlender Erfah­rung oder mangelnder Quali­fika­tion nicht hinbe­kommt? Dann alles nochmal ausschreiben, was bekannt­lich auch viel Zeit kostet?

Besser eine Stadt mit der Telekom gemeinsam ausbauen, statt gegen­ein­ander.

Der Traum eines Abschalt­ter­mins der Kupfer­netze könnte bei den Kunden viel­leicht die Lust auf Glas­faser stei­gern, könnte aber auch genauso ins Gegen­teil umkippen, wenn Kunden aus prin­zipi­ellem Protest oder fester Über­zeu­gung ("das Kupfer reicht mir") sich schlicht weigern, umzu­steigen. Die Glas­faser wird erst dann allge­mein akzep­tiert, wenn sie für das gleiche oder weniger Geld die glei­chen oder bessere Leis­tungen als die Kupfer­ver­sor­gung bietet. Und viele Glas­faser­ange­bote sind aktuell preis­lich in viel zu hohen Regionen ange­sie­delt.

Die Unter­nehmen im Wett­bewerb müssen sich genau die Nischen aussu­chen, welche die Telekom nicht belegen kann oder will, und viel­leicht sollten sich viele kleine Unter­nehmen in den Verbänden noch viel besser vernetzen, um der Telekom Paroli bieten zu können.

Quelle des vollständigen Artikels:

https://www.teltarif.de/nr0/glasfaser-tk-nabeg-bundesdigitalminister-beschleunigung-telekom-ueberbau/news/96842.html

Schlagworte / Tags Telekom,

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