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Verkauft: Lebara Group wechselt Besitzer
Der Ethno-Anbieter Lebara ist in Europa, Australien und Saudi-Arabien tätig und hat sich dort jeweils als "virtueller" Netzbetreiber aufgestellt. In Deutschland war Lebara im Jahre 2010 zunächst im Netz der Telekom als Service-Provider gestartet. Eine Umwandlung zum MVNO (Mobiler Virtueller Netzbetreiber mit eigener Mobilfunknetzvorwahl und eigenem Interconnect) war im Netz der Deutschen Telekom "nicht möglich" oder preislich "nicht darstellbar", weswegen Lebara Deutschland seinerzeit den Netzbetreiber wechselte.
Lebara wechselte ins Mobilfunknetz von o2-Telefónica und verlor im Zuge der Umstellung nach Branchenmeldungen rund 300.000 Kunden (oder mehr), die den Wechsel nicht mitbekommen oder verstanden hatten. Viele SIM-Karten waren auf Personen registriert, welche die Karten gar nicht selbst nutzten und viele scheiterten schlicht an Sprachbarrieren oder der zeitweisen Nichterreichbarkeit der Hotline.
4,4 Millionen Kunden in Europa
Lebara ist als Ethno-MVNO-Anbieter in Europa, Saudi-Arabien und Australien aktivFoto: teltarif.de In Europa hat die Lebara Group als virtueller Mobilfunknetzbetreiber (MVNO) nach eigenen Angaben mehr als 4,4 Millionen Kunden in Deutschland, der Schweiz, den Niederlanden, Frankreich, Dänemark, Spanien und Großbritannien (United Kingdom).
Die Muttergesellschaft Lebara Group wurde nun vom Finanzinvestor "Waterland Private Equity" für eine "ungenannte Summe" übernommen, wie Waterland bekannt gab.
Nach Auskunft von Waterland seien seit Januar dieses Jahres Gespräche mit den Finanzinvestoren Alchemy und Triton Partners geführt worden, die im Jahre 2019 die Kontrolle über Lebara im Rahmen eines "Debt-for-Equity-Swap-Deals" (Tausche Schulden gegen Anteile) übernommen hatten.
"Wachstumschancen für hochwertige Dienstleistungen"
Im schönsten "Finanzinvestoren-Sprech" klingt das so: "Die strategische Positionierung von Lebara als wertorientierte Herausforderermarke auf den mobilen SIM-Märkten bietet erhebliche Wachstumschancen, da die Verbraucher in ganz Europa zunehmend hochwertige Dienstleistungen zu wettbewerbsfähigen Preisen suchen. Die starke Erfolgsbilanz von Lebara in seinen fünf Märkten - Großbritannien, Niederlande, Deutschland, Frankreich und Dänemark - zeigt, dass das Unternehmen in der Lage ist, zu wachsen und sich anzupassen, was es zu einem erstklassigen Kandidaten für eine weitere Expansion in Partnerschaft mit Waterland macht."
Vorstand freut sich
Der Vorstandsvorsitzender Lebara, Stephen Shurrock, freut sich über die Zusammenarbeit mit der Waterland Private Equity. "Die umfangreiche Erfahrung und die erfolgreiche Erfolgsbilanz in der Telekommunikationsbranche machen das Waterland-Team zu einem idealen Partner für uns. Diese Partnerschaft wird uns die Ressourcen und die strategische Unterstützung bieten, die wir benötigen, um unser Wachstum zu beschleunigen und unser Dienstleistungsangebot zu verbessern, wovon letztendlich unsere Kunden in allen unseren Märkten profitieren werden."
Shurrock dankte Alchemy und Triton, die den Turnaround von Lebara "enorm unterstützt und in das Unternehmen investiert" hätten, um ein "signifikantes Wachstum" zu erreichen.
Nach Angaben von Lebara verfüge man jetzt über die neueste digitale Plattform und lege den "Fokus auf Kundenerfahrung und ein starkes Team, um seine Wachstumsgeschichte fortzusetzen". Wendy McMillan von Waterland glaubt, dass "Lebara eine starke Marke und einen treuen Kundenstamm aufgebaut" habe und wolle den "Wachstumskurs von Lebara gemeinsam fortsetzen".
Eine Einschätzung (von Henning Gajek)
Dass Lebara sich als virtueller Netzbetreiber gegenüber dem Service-Provider-Modell der Telekom Kostenvorteile versprach, ist nachvollziehbar. Finanzinvestoren interessieren sich nun mal in erster Linie für Rendite. Was da verkauft oder nicht geliefert wird, ob die Kunden "wirklich glücklich" sind, wird erst ein Thema, wenn die Finanzzahlen nicht mehr stimmen. Und notfalls wird der komplette Laden schlicht weiter gereicht.
Der Wechsel in Deutschland von der Deutschen Telekom ins eigene virtuelle Netz mit Funkversorgung über o2-Telefónica war hoch riskant. teltarif.de hatte den Beteiligten früh die Gefahren dieser Transaktion aufgezeigt. Ein Verlust von 300.000 oder eher noch mehr Kunden war für die beteiligten Manager sicher kein Spaziergang, aber aufgrund der Gemengelage nahezu unvermeidbar.
Ethno-Provider müssen preisorientiert arbeiten, weil ihre Marktlücke die günstigen Verbindungen in weit entfernte Länder sind. Diese Lücke haben die etablierten Netzbetreiber lange Zeit verschlafen oder schlicht keine Lust, sich drum zu kümmern. Wo es einzig und allein um den Preis geht, bleibt der Kundenservice schnell auf der Strecke bzw. wird in Länder teilweise außerhalb von Europa ausgelagert. Dort können Standardprobleme vielleicht gerade noch gelöst werden, aber die Kunden sollten hier besser nichts erwarten, sondern sich darüber freuen, wenn es überhaupt funktioniert.
Lebara kann in Deutschland bislang wohl noch immer keine Sprachtelefonie mit VoLTE-Technologie anbieten, auch die 5G-Technologie wird den Kunden derzeit noch verwehrt. Solange die GSM-Netzversorgung in Deutschland und einigen Nachbarstaaten noch besteht, mag das gerade noch verschmerzbar sein. Soll eine solche Karte aber für internationales Roaming verwendet werden, bedeutet fehlendes VoLTE-Roaming stark eingeschränkte Kontaktmöglichkeiten. Es könnte auf Telefonie über OTT-Messenger (Facebook, WhatsApp etc.) ausgewichen werden, sofern die Datenverbindung stabil ist. Fehlendes 5G sind ein Handycap bei Großveranstaltungen (Musik, Sport, Großevents).
Hauptkonkurrenten sind Lycamobile (wird ebenfalls von England aus gesteuert), Ortel-Mobile (Tochter von o2-Telefónica) und vielleicht noch Ay Yildiz. In Zukunft werden immer mehr eSIM-Anbieter wichtig, die kurioserweise keine Registrierung brauchen, solange keine eigene Rufnummer (für Sprachtelefonie) vergeben wird und die Zahl der eSIM-fähigen Geräte wird steigen. Die Marktlücke für Lebara wird dadurch immer kleiner.
In einer weiteren Meldung lesen Sie: 10 Jahre Vectoring: Freud und Leid der Branche.
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https://www.teltarif.de/nr0/lebara-verkauft-finanzinvestoren-ethno/news/96300.html