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Zukunft von 1&1: Neue Details zum vierten Mobilfunknetz
Ein spannender Termin fand heute in Frankfurt/Main und Montabaur, bzw. im Netz, statt. Die Unternehmen United-Internet und 1&1 legten ihre Bilanzzahlen vor. teltarif.de war dabei.
Eigenes Handynetz ist finanziell noch Ballast für 1&1
Jahrelang gab es in Deutschland nur drei echte Handynetze. Ende 2022 war 1&1 mit seinem "Fixed Wireless Access" (FWA) an drei Standorten gestartet, und Ende 2023 (genauer am 8. Dezember 2023) startete das Mobilfunknetz von 1&1-Mobilfunk dann ganz offiziell.
Damit existiert der "Netzbetreiber Nummer Vier" wirklich. Von vielen sehnsüchtig erhofft, von anderen gefürchtet oder zumindest nicht geliebt. Für 1&1 selbst ist das zunächst eine teure Angelegenheit - bis sich die Investitionen vielleicht lohnen, wird es wohl noch etwas dauern. Geduldig erklärte 1&1-Chef Dommermuth der Fachpresse seine Geschäftszahlen und AusbaupläneFoto: Henning Gajek / teltarif.de
Netzaufbau kostet Geld
Der Aufbau des vierten deutschen Handynetzes belastet 1&1 finanziell deutlich. Wie das Unternehmen heute in Montabaur mitteilte, stieg der Umsatz im vergangenen Jahr zwar um 3,4 Prozent auf rund 4,1 Milliarden Euro, das operative Ergebnis (EBIT) sackte aber um 14,8 Prozent auf 456 Millionen Euro ab. Das lag an planmäßigen Abschreibungen, die sich auf den Netzausbau bezogen, etwa Kosten für die Sende-Antennen (inkl. notwendiger Technik).
Dem Unternehmen zufolge werden diese Abschreibungen in den kommenden Jahren noch steigen. Ihnen stehen schrittweise aber immer größere Einsparungen gegenüber.
Aktuell noch o2-Roaming
Derzeit nutzt 1&1 außerhalb der eigenen Abdeckung das Netz von o2 (einige Kunden sind schon im Netz von Vodafone) und zahlt dafür Miete. Je größer das eigene, derzeit noch sehr wenig versorgende Netz ist, desto weniger Miete wird fällig, weil immer mehr Kunden dann von den 1&1-Antennen profitieren.
Der neue Netzbetreiber hat rund 3200 Beschäftigte, neben der Zentrale in Montabaur (Rheinland-Pfalz) ist Karlsruhe der wichtigste Standort. 1&1 gehört zum Internetkonzern United Internet, der 2023 deutlich zulegen konnte.
Interessante Zahlen
Das Organisationsdiagramm von United Internet. 1&1 ist nur ein Teil davonGrafik: United Internet AG In seiner Präsentation stellte 1&1-Chef Dommermuth den Aufbau des Unternehmens United Internet dar, das als Aktiengesellschaft das Dach über allem bildet. Insgesamt arbeiten rund 11.000 Mitarbeiter in seinem Konzern, wovon sich etwa 3800 Mitarbeiter mit Produktmanagement und Entwicklung beschäftigen. Insgesamt sind 100.000 Rechner (meist Server) bei ihm in Betrieb. Im Privatkundenbereich bietet er Mobilfunk unter den Markennamen 1&1 und den verschiedenen Drillisch-Marken (sie wurden 2017 dazu gekauft) an. Geschäftskunden werden von "1&1-Versatel" betreut.
Bekannt sind die E-Mail-Anbieter gmx, web.de und mail.com, die zum Konzern gehören und teilweise kostenlose, aber auch zu bezahlende E-Mail-Konten anbieten. Das Unternehmen Ionos richtet sich an Selbständige, kleine und große Unternehmen und beschäftigt sich mit Webhosting und Cloud-Speichern. Darüber hinaus hat United Internet noch Minderheitsbeteiligungen, wie z.B. an Tele Columbus (besser bekannt unter dem Markennamen Pyur).
Wie geht es im neuen Mobilfunknetz weiter?
Die spannendsten Fragen des Tages kreisten um das neue Mobilfunknetz.
Aktuell sind für das neue Netz 132 Millionen Euro Anlaufkosten angefallen. Das Netz von 1&1-Mobilfunk sei "voll funktionsfähig" und verwendet die über weite Strecken softwarebasierte Open-RAN-Technologie. Im Ausbau "bis Ende 2030" sollen vier Core-Rechenzentren, 24 dezentrale Rechenzentren und 500 "Far-Edge" Rechenzentren die 12.600 Antennen versorgen, um gemäß Vorgabe der Bundesnetzagentur 50 Prozent aller Haushalte in Deutschland direkt zu versorgen. Für diesen Aufbau rechnet er mit 7 Milliarden Euro an Investitionen, wobei noch keine möglichen Kosten für notwendige Frequenzen enthalten sind.
Außerhalb seines eigenen Mobilfunknetzabdeckungsbereiches stützt er sich auf Roaming-Verträge mit o2-Telefónica (bis Ende 2025) und Vodafone (ab 1. Juli 2024 möglich). Aktuell sind bereits zwei (von vier) Core-Rechenzentren in Betrieb, die 24 dezentralen Rechenzentren "laufen alle", ferner sind bereits 100 Far-Edge-Rechenzentren in Betrieb.
In den im Vollausbau geplanten 500 Far-Edge-Rechenzentren sollen regionale Anwendungen angeboten werden können, was die Reaktionszeiten drastisch verbessern wird. Ein Far-Edge-Rechenzentrum darf maximal 10 km von einer Antenne entfernt sein. Jede Aktiv-Antenne muss über Glasfaser angebunden sein, Richtfunktechnik kann nicht eingesetzt werden.
80 Partner im Boot
Das neue Netz wird gemeinsam mit 80 Partnern gebaut, mit denen 1&1 eigenständige direkte Leistungsverträge abgeschlossen hat. Das japanische Unternehmen Rakuten trete teilweise als Generalunternehmer auf. Vertraglich sei aber festgelegt, dass 1&1 jederzeit den direkten Zugriff auf deren Lieferanten bekommen kann. Wörtlich: "Sollte Rakuten aus welchen Gründen auch immer ausfallen, dann helfen wir uns selbst". Dommermuth betonte aber: "Rakuten hilft uns, das Netz aufzubauen".
Untersuchungen des TÜV haben ergeben, dass die von 1&1 verwendete Technik etwa 10-30 Prozent Strom im Vergleich zur herkömmlichen Technik einsparen kann.
Wie viele Standorte gibt es - wie viele sind "on air"?
Ende 2023 hatte 1&1 1062 vertraglich gesicherte Antennenstandorte mit "passiver Infrastruktur" (= Mast, Antennenträger), Ende des ersten Quartals waren es 1350 Standorte. Ende des 1. Quartals sollen 600 Basisstationen fertig sein, wovon dann schon etwa 200 mit Glasfaser angeschlossen sein werden und damit aktiv genutzt werden können.
Zum Jahresende rechnet Dommermuth mit insgesamt 3000 Antennenstandorten, wovon 1000 "on air" (also im Wirkbetrieb und von Kunden nutzbar) sein sollen.
Flaschenhals Standorte
Die Bereitstellung eines Standorts sei der Flaschenhals. Hier müssten mehrere Antennen inhouse mit dem Glasfaserübergabepunkt verbunden werden. Für die unbedingt notwendige Glasfaser brauche es Tiefbau und damit Baugenehmigungen. Es gelte Straßen, Bachläufe, Schienen zu queren, die Genehmigungsgeschwindigkeit der Gemeinden sei unterschiedlich.
Als Nachteil sieht Dommermuth, dass kein Richtfunk nutzbar ist. Baupartner für die Glasfaser seien die Tochter 1&1 Versatel, aber auch regionale Stadtnetze.
Steigende Abschreibungen: Optimistische Zukunft
Seit dem Start im Dezember 2022 mit Fixed-Wireless-Access) schreibt das Unternehmen seine Frequenzen ab. Das ergab im Geschäftsjahr 71,3 Millionen mehr Abschreibungen (und 80 Millionen weniger EBIT), insgesamt seien 151 Millionen im EBIT "verarbeitet". Dommermuth blickt optimistisch in die Zukunft: Den Ausblick für 2024 könne er bestätigen, man rechne mit 6,5 Milliarden, einem EBITDA-Wachstum von +10 Prozent und einem " Cash Capex" das 10-20 Prozent über dem Vorjahr liegen werde.
Bald mehr Einnahmen als Ausgaben
Dommermuth geht davon aus, dass mit zunehmendem eigenen Netzausbau die "Produktionskosten im eigenen Netz" deutlich geringer sein werden, es machen sich also Einspareffekte bemerkbar. Wo das eigene Netz funkt, müssen Kunden nicht ins fremde Netz einbuchen, die Vorleistungskosten sinken, die eigenen Einnahmen sinken. Bisher wurden die Roaming-Verträge nach Minuten abgerechnet, künftig werden die übertragenen Datenmengen (auch ein Telefonat ist eine Datenübertragung) herangezogen.
Die vom Segment Mobilfunk produzierten Leistungen werden unternehmensintern nach dem "Access" berechnet. Die Kosten gehen zwar hoch, aber gegenläufig gibt es Einnahmen aus der Produktion des Netzes.
Quelle des vollständigen Artikels:
https://www.teltarif.de/nr0/bilanz-zahlen-dommermuth-1und1-netzausbau/news/94996.html